Ein Satz, der
mich als Kind wahnsinnig genervt hat: „Geh doch mal raus, es ist so schönes
Wetter!“ (Na und? Ich habe hier zu tun!) Getoppt an Nervigkeit noch durch: „Die
anderen Kinder sind auch alle draußen, nur Du sitzt hier drinnen.“ (Ok, ich bin
ein Loser, aber ich will trotzdem nicht raus. Das änderte sich natürlich in
Millisekunden, sobald ein Freund oder eine Freundin an der Tür erschien.)
Jetzt ratet mal,
was heutzutage mein Lieblingsspruch ist!!!! Gewandt an die Power-Stubenhocker
(ich will nämlich auch nicht raus, sondern alleine balkonhocken). Die es tatsächlich
geschafft haben, mit einem butterweichen Wasserball zweimal die Glühbirne
unserer Stehlampe zu enthaupten (Elektroschrott; mein Mann war vordergründig
sauer, innerlich überglücklich, sich ein Teil mit Bluetooth kaufen zu können,
so dass man ätzende Latino-Mucke, pardon wertvolles Kulturgut aus seiner Heimat
sogar aus der Lampe hören kann. Ich war vordergründig kooperativ: „Die gefällt
mir gar nicht. Aber wenn Dich das glücklich macht…“ – Hallo, seit wann wollen
Ehefrauen, dass ihr Mann glücklich ist, sage ich da nur. Hat er zwar kapiert,
aber so getan, als verstünde er den Subtext nicht, sondern hat die Scheißlampe
trotzdem umgehend gekauft, denn seit wann wollen Ehemänner… etc. pp. Als ich
meckerte, verglich er unsere Positionen mit den Differenzen der berühmten
Literaten Miguel de Unamuno und Rubén Darío… – gegen diese Lampe komme ich
einfach nicht an.) Und wer ist schuld daran? Die Stubenhocker! Die sich
begeistert um das neue Teil sammeln.
Natürlich, wir
Eltern sind alte Meckeronkel und -tanten. Denn sind die Kinder mal draußen,
verschwinden sie natürlich für Stunden. Irgendwann beginnt dann unser
Elternradar etwas sorgenvoll zu rotieren und das gefällt uns auch wieder nicht.
Im Zeitalter von Handys wäre das ja eigentlich kein Problem. Aber: wir finden,
dass man mit einem Smartphone noch warten sollte. Das Nokia-Steinzeithandy von
Opa wurde wiederum als zu uncool abgelehnt. Man wolle sich ja nicht zum Gespött
aller Leute machen, also BITTE! Immerhin werden wir davon abgelenkt, dass die
Haustürklingel ungefähr 30 Mal schellt. Zum einen durch Felicitas, die auf der
Suche nach ihren Brüdern im Haus herumgeistert, zum anderen tauchen immer mehr
Kinder auf. Ein Nachbarsjunge, ein Mädchen mit Hund, es steht tatsächlich sogar
in Brüderpaar im genau gleichen Alter wie unsere Jungs plötzlich bei uns im
Wohnzimmer. Allerdings wollen die mit uns nichts zu tun haben, sondern nur
unsere Söhne abholen. Wir raten ihnen, sie suchen zu gehen und dann gemeinsam
wiederzukommen (geschickt eingefädelt, merkt ihr’s?). Das Mädchen mit Hund hat
Timmy zu einem nicht näher spezifizierbaren Zeitpunkt vorbeiflitzen sehen. Generell
werden Exkursionen leider nie zu dem Zeitpunkt anberaumt, an dem wir alten
Menschen uns am Wochenende gerne zu einem Mittagsschläfchen hinhauen wollen. Dann
herrscht natürlich regstes Männlein- und Weibleinlaufen.
Natürlich, ich
weiß, die Uhr tickt. Die Zeit ist umgestellt. Sommerzeit. Ab Mai wird die
gesamte Crew hier für Stunden verschwinden und irgendwann in der Nacht wieder
auftauchen. Sie werden nie mehr müde sein und ich werde bis Ende August am Rad
drehen. Ich werde im Oktober überglücklich die Zeit zurückstellen und einmal im
Jahr eine volle Stunde Schlaf zusätzlich genießen. Vorfreude ist die schönste
Freude. Wie so viele Menschen hasse ich die Zeitumstellung im Frühling. Früher
war es vielleicht so ein kleiner Jetlag, jetzt fühlte ich angesichts der
Tatsache, dass ich die Crew eine Stunde früher raushauen muss, so einen Horror,
dass ich diesmal einen über ein Wochenende andauernden Masterplan erstellte.
Samstag: Unverfängliches Wecken um 8 Uhr Winterzeit. Sonntag, es wird ernst:
Spätester Denkbarer Wecktermin (SDW) war 8.30 Sommerzeit (7:30 Winterzeit), um
Wecktermin 7:00 Sommerzeit (Projekt W7S) am Montag realistisch zu sichern.
Einfach nur wecken – no way. So viel Realismus muss sein. Ich bediene mich des
Domino-Effekts und unserer Dauerkarten im Zoo (To-do-Liste am Samstag: Semmeln,
Salami, Käse, Äpfel und Gurken kaufen). Wenn ich Timmy sage, dass wir in den Zoo
gehen, wird er sofort aufstehen und so lange auf seinen Geschwistern
herumspringen, bis sie endlich und dauerhaft wach sind. Da können sie machen,
was sie wollen. Und es hat einfach genial funktioniert! Klar, es war dort ein
wenig einsam und kühl zu so früher Stunde, aber auch wirklich schön. Ein
richtiger Geheimtipp. Von dem Herumgelatsche waren mein Mann und ich auch so
müde, dass wir wunderbar früh schlafen gingen.
…Ach ja, und die
Kinder kamen natürlich just in dem Moment nach Hause, als ich ihren Spruch
„Chill, Mama“ mir mal zu Herzen nehmen wollte und mich gemütlich ins Bett
gelegt hatte. War das schön. Meinen Mann, der mir tolle Bluetooth-Kunststücke
demonstrieren wollte, blendete ich einfach aus. Meine Tochter auch. Ebenso das
Schlüsselrasseln. Dann standen vier Kinder (Achtung: eins zu viel!) um mein
Bett. Ach geh! Dann hocken wir jetzt Stube und schauen einen Film an. Gemeinsam
mit dem Mädchen mit Hund. Das kam auch noch vorbei.