Mittwoch, 12. April 2017

Geh doch mal raus …


Ein Satz, der mich als Kind wahnsinnig genervt hat: „Geh doch mal raus, es ist so schönes Wetter!“ (Na und? Ich habe hier zu tun!) Getoppt an Nervigkeit noch durch: „Die anderen Kinder sind auch alle draußen, nur Du sitzt hier drinnen.“ (Ok, ich bin ein Loser, aber ich will trotzdem nicht raus. Das änderte sich natürlich in Millisekunden, sobald ein Freund oder eine Freundin an der Tür erschien.)

Jetzt ratet mal, was heutzutage mein Lieblingsspruch ist!!!! Gewandt an die Power-Stubenhocker (ich will nämlich auch nicht raus, sondern alleine balkonhocken). Die es tatsächlich geschafft haben, mit einem butterweichen Wasserball zweimal die Glühbirne unserer Stehlampe zu enthaupten (Elektroschrott; mein Mann war vordergründig sauer, innerlich überglücklich, sich ein Teil mit Bluetooth kaufen zu können, so dass man ätzende Latino-Mucke, pardon wertvolles Kulturgut aus seiner Heimat sogar aus der Lampe hören kann. Ich war vordergründig kooperativ: „Die gefällt mir gar nicht. Aber wenn Dich das glücklich macht…“ – Hallo, seit wann wollen Ehefrauen, dass ihr Mann glücklich ist, sage ich da nur. Hat er zwar kapiert, aber so getan, als verstünde er den Subtext nicht, sondern hat die Scheißlampe trotzdem umgehend gekauft, denn seit wann wollen Ehemänner… etc. pp. Als ich meckerte, verglich er unsere Positionen mit den Differenzen der berühmten Literaten Miguel de Unamuno und Rubén Darío… – gegen diese Lampe komme ich einfach nicht an.) Und wer ist schuld daran? Die Stubenhocker! Die sich begeistert um das neue Teil sammeln.

Natürlich, wir Eltern sind alte Meckeronkel und -tanten. Denn sind die Kinder mal draußen, verschwinden sie natürlich für Stunden. Irgendwann beginnt dann unser Elternradar etwas sorgenvoll zu rotieren und das gefällt uns auch wieder nicht. Im Zeitalter von Handys wäre das ja eigentlich kein Problem. Aber: wir finden, dass man mit einem Smartphone noch warten sollte. Das Nokia-Steinzeithandy von Opa wurde wiederum als zu uncool abgelehnt. Man wolle sich ja nicht zum Gespött aller Leute machen, also BITTE! Immerhin werden wir davon abgelenkt, dass die Haustürklingel ungefähr 30 Mal schellt. Zum einen durch Felicitas, die auf der Suche nach ihren Brüdern im Haus herumgeistert, zum anderen tauchen immer mehr Kinder auf. Ein Nachbarsjunge, ein Mädchen mit Hund, es steht tatsächlich sogar in Brüderpaar im genau gleichen Alter wie unsere Jungs plötzlich bei uns im Wohnzimmer. Allerdings wollen die mit uns nichts zu tun haben, sondern nur unsere Söhne abholen. Wir raten ihnen, sie suchen zu gehen und dann gemeinsam wiederzukommen (geschickt eingefädelt, merkt ihr’s?). Das Mädchen mit Hund hat Timmy zu einem nicht näher spezifizierbaren Zeitpunkt vorbeiflitzen sehen. Generell werden Exkursionen leider nie zu dem Zeitpunkt anberaumt, an dem wir alten Menschen uns am Wochenende gerne zu einem Mittagsschläfchen hinhauen wollen. Dann herrscht natürlich regstes Männlein- und Weibleinlaufen.

Natürlich, ich weiß, die Uhr tickt. Die Zeit ist umgestellt. Sommerzeit. Ab Mai wird die gesamte Crew hier für Stunden verschwinden und irgendwann in der Nacht wieder auftauchen. Sie werden nie mehr müde sein und ich werde bis Ende August am Rad drehen. Ich werde im Oktober überglücklich die Zeit zurückstellen und einmal im Jahr eine volle Stunde Schlaf zusätzlich genießen. Vorfreude ist die schönste Freude. Wie so viele Menschen hasse ich die Zeitumstellung im Frühling. Früher war es vielleicht so ein kleiner Jetlag, jetzt fühlte ich angesichts der Tatsache, dass ich die Crew eine Stunde früher raushauen muss, so einen Horror, dass ich diesmal einen über ein Wochenende andauernden Masterplan erstellte. Samstag: Unverfängliches Wecken um 8 Uhr Winterzeit. Sonntag, es wird ernst: Spätester Denkbarer Wecktermin (SDW) war 8.30 Sommerzeit (7:30 Winterzeit), um Wecktermin 7:00 Sommerzeit (Projekt W7S) am Montag realistisch zu sichern. Einfach nur wecken – no way. So viel Realismus muss sein. Ich bediene mich des Domino-Effekts und unserer Dauerkarten im Zoo (To-do-Liste am Samstag: Semmeln, Salami, Käse, Äpfel und Gurken kaufen). Wenn ich Timmy sage, dass wir in den Zoo gehen, wird er sofort aufstehen und so lange auf seinen Geschwistern herumspringen, bis sie endlich und dauerhaft wach sind. Da können sie machen, was sie wollen. Und es hat einfach genial funktioniert! Klar, es war dort ein wenig einsam und kühl zu so früher Stunde, aber auch wirklich schön. Ein richtiger Geheimtipp. Von dem Herumgelatsche waren mein Mann und ich auch so müde, dass wir wunderbar früh schlafen gingen.

…Ach ja, und die Kinder kamen natürlich just in dem Moment nach Hause, als ich ihren Spruch „Chill, Mama“ mir mal zu Herzen nehmen wollte und mich gemütlich ins Bett gelegt hatte. War das schön. Meinen Mann, der mir tolle Bluetooth-Kunststücke demonstrieren wollte, blendete ich einfach aus. Meine Tochter auch. Ebenso das Schlüsselrasseln. Dann standen vier Kinder (Achtung: eins zu viel!) um mein Bett. Ach geh! Dann hocken wir jetzt Stube und schauen einen Film an. Gemeinsam mit dem Mädchen mit Hund. Das kam auch noch vorbei.

Mittwoch, 29. März 2017

Planung eines Kindergeburtstags (der 10. Geburtstag)

Gut: Sohnemann nimmt das Verfassen und Verteilen der Einladungen selbst in die Hand.


Schlecht: Die Anzahl der Eingeladenen ist mir nicht bekannt (z.B. die halbe Schule?).

Gut: Sohnemann hat nur einen einzigen Wunsch.

Schlecht: Das komische Spiel ist erst ab zwölf. Pädagogisches Geplapper kann ich mir sparen, ich kann es aber nicht abstellen.

Gut: Sohnemann hat konkrete Vorstellungen über den Ablauf.

Schlecht: Sämtliche Outsourcing-Vorschläge wie Kino etc. werden abgeschmettert. Außer Zocken gibt es kein Programm. (Ich bin ja so raffiniert: Ich werde sie trotzdem zwingen, die Wohnung zu verlassen. Habe eine Piñata gekauft, die wir draußen im Freien aufhängen werden.)

Gut: Beim Zocken sind sie leise und zerstören NICHTS (eine neue Erfahrung). Es ist egal, wie viele Jungs daran teilnehmen.

Schlecht: Ich finde das trotzdem ein bisschen gruselig.

Also, ich bin eine erfahrene Event-Managerin, ich habe bereits ca. 17 Großveranstaltungs-Kindergeburtstage überlebt; bei Kindergeburtstagen ist das ähnlich wie mit Hundejahren, also bitte mal 7 nehmen (mindestens) = ich bin die absolute Queen in dem Metier und bin jetzt gefühlt Einiges über 100. Daher kann mich die Vorstellung, dass eine riesige Meute unsere Wohnung stürmt, in keinster Weise schrecken (Geburtstags-Demenz). Es sind auch nur acht Jungs, d.h. wir sind insgesamt 10 Jungs und ein kleines Mädchen. Das kleine Mädchen ist abgehärtet, d.h. es findet nichts dabei, als 4-Jährige zwischen lauter Riesenkerlen herumzutoben. Tja, ein Teil von Felicitas` Freundinnen lehnt es ängstlich ab, unsere Wohnung zu betreten, weil da die wilden Kerle wohnen. (Ich wünschte, ich könnte das auch so machen.) Der zu Feiernde selbst lehnt (noch) die Gesellschaft von Mädchen, die mit ihm nicht verwandt sind, kategorisch ab. Es hätte ein Mädchen gegeben, das er zur Not als Gesellschafterin für die Schwester hätte ertragen können, aber das hatte keine Zeit; somit nur wilde Kerle.

Vorbereitung: ich kaufe eine Piñata, und eine riesige Menge Süßigkeiten. Außerdem eine riesige Menge Pommes, schlimme Getränke und diese furchtbaren Chicken Nuggets. Den Kuchen und Muffins habe ich outgesourct an Kuchenbackqueen OMA. Fertig! Selbstverständlich fehlt die liebevolle Geburtstagsdekoration bei uns auch nicht: Ich gebe den Kindern Luftschlangen und Luftballons zum Werkeln. Also, fünf Kilo zerrissene Papier- und Gummiteilchen in der Wohnung, das schaut schon geil aus, eine hochkarätige Innenarchitektin hätte es nicht besser hinbekommen. Seufz. Ich hole Schaufel und Besen und kehre das Zeug weg.

Im Vorfeld gibt es einen Riesenstreit, wer die Piñata befüllen darf. Bitte stellt Euch Haareausreißen, Boxtritte, gellendes Kampfgeschrei etc. selbst vor. Mir fehlt die Kraft, dies zu beschreiben. Dennoch halte ich an dem Projekt Piñata fest, und zwar aus einem einzigen Grund: Nur so kann ich die Horde wenigstens für kurze Zeit aus meiner Wohnung locken; hier drin können wir nicht riskieren, dass diese riesigen Bengel mit einem Stock auf das fragiile Objekt zielen. Wir haben zwar kaum noch Dinge, die noch irgendwas taugen, aber DIE wollen wir behalten − bzw. ICH; bei meinem Mann („Mach die Piñata doch innen, das wird super!“) habe ich den Verdacht, er freut sich schon auf Methulasalix` Ableben, um sich einen RICHTIG RICHTIG großen Fernsehbildschirm zu kaufen: nur über meine Leiche. Außerdem steht die Notaufnahme heute mal nicht auf der Agenda.

Also, erst mal „Happy Birthday“ singen und Kerzen auspusten. Blöderweise sitzt der ANDERE auf dem Geburtstagsstuhl und lässt sich nicht vertreiben. Dem Geburtstagskind ist das zum Glück egal und so pustet er halt von seinem Stehplatz aus seine Kerzen aus. Ich lasse die Truppe mampfen und dann: Zackzack, auf zur Piñata.

Meinem Mann (offizieller Piñata-Beauftragter) schärfe ich ein, dass er erst in einer halben Stunde zum Spielplatz nachkommen soll. „Warum?“ Irgendwie habe ich es satt, andauernd zu debattieren. „Egal.“ Wieso hört nicht einmal mein Mann ohne lästige Gegenfragen auf mich? Ich habe einen schwachen Moment, sowas rächt sich natürlich.

Eine Meute stürmt den Spielplatz, wir beiden Ölgötzen mit der Piñata hinterher. Dummerweise habe ich die Piñata diesmal nicht selbst gebastelt (erdbebensicher, hält ewig; Anleitung: Einen Riesenluftballon mit Schleim aus Zeitungspapierstreifen und Wasser/Mehl-Mischung bestreichen, dies über mehrere Tage mehrmals wiederholen), sondern gekauft. Das Kauf-Ding ist dermaßen fragil, dass es vielleicht für einen Dreijährigengeburtstag hält. Immerhin ist mein Mann ein begabter Piñata-Artist und schwenkt das Teil so geschickt herum, dass weder ein Kind zu Schaden kommt, noch das doofe Ding platzt. Für 15 Minuten. Dann reißt es, die Süßigkeiten quellen heraus, alle stürzen sich darauf und raffen ihre Schätze an sich (inklusive einem Gast, der uns irgendwie zugelaufen ist – das passiert bei Piñata allerdings öfter) … und schwupps … sind alle weg. Das war die Antwort auf das „Warum erst in einer halben Stunde?“. Wir stehen wie die dummen Schafe auf dem dummen Spielplatz, während die Jungs keine wertvolle Sekunde auf Freiluft-Aktivitäten verschwenden und nach Hause zischen. Mein Mann und ich gucken blöd aus der Wäsche. „Scheiß drauf, gehen wir halt auch wieder rein!“

Die Jungs sitzen gemütlich beim Kirchenkränzchen … äh besinnungslosen Computerzocken und mampfen Süßigkeiten. Ich glaube ja nicht, dass sie danach noch Essen zu sich nehmen können, aber meine Tiefkühltruhe ist voll: „Wollt Ihr noch Pommes und Nuggets?“, frage ich halbherzig. „JAAAAAAAAAAAAA!“

Aber gerne doch. Ich gerate kurz in ein Mama-Verzückungs-Koma, als ein wohlgeratener Junge mich fragt: „Kann ich etwas helfen?“ Hallo??? Kann ich den adoptieren/eintauschen (heute Sonderaktion 2 für 1)? Das habe ich ja noch NIE gehört. Ich drehe durch! Felicitas kuschelt sich an ihren Lieblings-Jungen – auf den steht sie schon seit Jahren, und das will bei einer 4-Jährigen ja etwas heißen. Unglaublicherweise vertilgen die Kinder riesige Mengen und verlangen immerzu nach mehr!

Auch eine neue Erfahrung: Kinder, die selbständig auf die Uhr sehen und sagen: „Wir müssen jetzt nach Hause!“ Mario ist ja meist relativ leicht zu orten, aber Timmy … er hat bereits im zarten Alter von 4 Jahren geschafft, die Flucht zu ergreifen, und tauchte erst just in dem Moment wieder auf, als ich dabei war, die Polizei zu rufen (kein Witz). Ich glaube auch nicht, dass meine Kinder schon mal zu irgendwem gesagt haben, sie müssten jetzt nach Hause. Außer zu uns versteht sich. Kaum haben wir es uns in dem Biergarten mit Spielplatz (!) gemütlich gemacht, haben die Kinder schon ihre Getränke heruntergestürzt, die Pommes gemampft, sogar ordnungsgemäß meine Weinschorle umgeschmissen … und wollen das langweilige Gefilde schon wieder verlassen. Aber freiwillig von einem Fest heimgehen? Nein. Da muss schon ein strenger Anruf oder ein Spezial-Einfang-Komitee erscheinen. Geheimtipp: Ich schicke ein nicht eingeladenes Geschwisterkind zum Abholen. Das ist dann meist sehr zackig darauf erpicht, dass der blöde Bruder/die blöde Schwester endlich aufhört, Bonbons zu fressen, um zu Hause von den gelangweilten Geschwistern gründlich durchgepiesackt zu werden. „Noch fünf Minuten“ gibt’s da nicht.

Nun ja, irgendwann sind alle Kinder friedlich von unserer Feier abgezogen oder abgeholt worden. Freudig sehe ich mich um: Keiner hat etwas angezündet, Schokotorte auf dem Bett verschmiert oder Wasser über das Laptop geschüttet. Wer sagt’s denn? Diesmal habe ich meine sieben Hunde-…äh Geburtstagsjahre ja echt leicht verdient.

Dienstag, 14. März 2017

Short Story: Der Ausflug zum See


Wir müssen endlich mal wieder zu unserem Lieblingssee! Das plane ich schon lange. Ich befülle Wasserflaschen (1,5 Liter, damit es keinen Streit ums Wasser gibt), schneide vier Äpfel klein und los geht’s … nachdem ich mich kurz mit meinem Mann gestritten habe, ob er mitkommen soll oder nicht, und alle Kinder ebenfalls dazu verdonnert habe.
Herrlich! Die Bäume, das Seeufer, die Sonne – Schwäne, die majestätisch über das Wasser schwimmen – Frühling liegt in der Luft. Felicitas liebt diesen See und stürmt wie eine Besessene zum Ufer. Platsch! Ein Bein ist nass. Timmy stürmt mit seinem Bruder wie ein Besessener … Platsch!
Tschüss, See. Die Äpfel essen wir im Auto. Lecker!


Donnerstag, 23. Februar 2017

Einmal Joghurt bitte!


Ich liebe Sonderangebote! Besonders die von Supermärkten der Kategorie „arschteurer Saftladen“. Um mich selber dafür zu bestrafen, dass ich vergessen habe, dass heute das Wasser wegen Reparatur bei uns abgestellt ist und ich daher Mineralwasser kaufen muss, füge ich heute mal masochistisch-nassforsch einen Joghurt im Sonderangebot für 29 Cent hinzu. Das läuft dann so ab: SELBSTVERSTÄNDLICH ist in der Kasse IMMER der teure Preis gespeichert.

Also hat man die Wahl: Entweder auf das Schnäppchen verzichten und 59 Cent blechen oder die Option für die ganz Irren (also mich!) – „Entschuldigen Sie bitte, der Joghurt ist heute im Angebot und kostet nur 29 Cent.“ Mundwinkel der Kassiererin gehen nach unten, sie mustert den Joghurt. Dann die Kasse. Eiseskälte breitet sich im Raum aus. Eiswürfel klingen. Dann wühlt sie unter der Kasse herum und holt einen Prospekt hervor, in dessen Lektüre sie sich nun vertieft. Leider ist dieser interpretatorisch doch vielschichtiger als erwartet. Abgebildet sind Ehrmann Erdbeere und Heidelbeere, was ist nun mit den anderen Sorten? Ich verweise auf ein riesiges Schild, das unter allen Ehrmann Joghurts angebracht sei. Das nützt mir, wie ich weiß, nun gar nichts und derlei laienhafte Einwendungen verdienen deshalb auch keiner Erwiderung.

„Herr Obermüller!“ (Name fiktiv), ruft die Dame, bei der ich so einfach mir nichts, dir nicht einen Joghurt kaufen wollte, resolut.

Herr Obermüller schreitet aus der Obstabteilung herbei.

„Ist der Ehrmann Joghurt im Angebot?“

Beantworte keine Frage ohne Gegenfrage: „Ist er denn im Prospekt?“
„Ja, aber da ist nur Heidelbeer und Erdbeer abgebildet. Was ist mit der „Hüttengaudi?“
  Ich finde, wir haben schon viel Gaudi in der Hütten. (Achtung: Solche Flach-Späße bitte unbedingt für sich behalten!)

Herr Obermüller beachtet mich nicht, auch meine erneuten frechen Hinweise auf das rote Schild nicht. Er lässt sich mit strengem Blick den Prospekt geben, den es jetzt philologisch zu durchleuchten gilt.

Aber auch er scheitert an dem Erdbeer-Heidelbeer-Änigma. Seufzend macht er sich auf den weiten Weg zum Kühlregal, offenbar, um dort durch Meditation weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Ich schaue vorsichtig hinter mich und die gigantische Schlange, die sich hinter mir gebildet hat. Oh weh - ich mach den Obermüller und tu so, als wären diese vielen bösen Leute gar nicht da.

Nach geraumer Zeit kommt Herr Obermüller zurück. „Hüttengaudi geht auch.“ Seufzend tippt die Frau Kassiererin auf der Kasse herum. „3,98.“ (Extraseufz).

Also, wenn Ihr Sonderangebote kaufen wollt, ist Montag ganz, ganz schlecht. Dienstag wäre theoretisch sicher besser, da die Mitarbeiter da schon in die diffizile Problematik eingearbeitet sind, allerdings sind die billigen Joghurts dann ja ausverkauft. Nur die Harten komm in Garten!


Donnerstag, 22. Dezember 2016

Weihnachten selbstgemacht


Ach ja, in vielen schönen Prospekten und Katalogen sieht man wunderschöne farblich harmonische durchgestylte Weihnachtsdekorationen. Die Weihnachtsdeko bei uns ist … euphemistisch gesagt: individueller. Aber irgendwie gefällt sie mir trotzdem. Traditionell haben wir keinen echten Baum, da wir in den Weihnachtsferien nicht viel zu Hause sind. Irgendwann habe ich im Internet einen künstlichen weißen Baum bestellt, der relativ robust ist und schon mehrere Stürze überstanden hat – und nicht zuletzt den Aufenthalt im Keller (haha, ich habe ihn sogar wiedergefunden). Letztes Jahr hatte ich echt schöne hellblaue und silberne Kugeln gekauft, die wunderbar dazu passten.

Nun ja, aus Spaß habe ich Anfang Dezember begonnen, ein paar Weihnachtskugeln zu stricken. Eigentlich genial – unzerstörbar! Waschbar! Aber eigentlich wollte ich nur eine machen. Sohn 2 war davon aber so begeistert, dass ich ständig neue produzieren musste. Mr. Unordnung persönlich wachte wie der Zerberus über seine Kugel, die regelmäßig abgezählt wurden. Das Projekt stellte sich im Nachhinein als ziemlich sinnvoll heraus, denn ich fand und finde die „richtigen“ Kugeln einfach nicht mehr. Jetzt hängen halt die Wolldinger dran. Damit die Wolldinger nicht so alleine sind, überkam mich die Inspiration, einen ganz altmodischen Engel zu häkeln. Perfekt gelungen! Bis zu dem Moment, an dem meine Kinder und mein Mann darauf kamen, dass der Engel ein Gesicht bräuchte – und mein Mann, den ich noch nie habe malen sehen und deklarierter Nicht-Künstler ist, der absolut festen Überzeugung war, dass er in der Lage sei, ein perfektes Gesicht auf den Engel zu malen: „Lass mich, ich kann das! Echt!“ Ich habe ihn gewähren lassen (mach ich bei den Kindern ja auch, Erlernen von Selbständigkeit etc. pp.) … Sohn 1 hat so gelacht, dass er sich auf den Boden legen musste. Ich muss sagen, spontan habe ich die Figur assoziiert, die nämlicher Sohn im Alter von sechs Jahren verbotenerweise in meinen Schreibtisch geritzt hat, als die Langweile der Hausaufgaben zu arg wurde. Der ist auch individuell.

Dann wäre ja noch der goldene dicke Ochsenfrosch-Engel, den Felicitas aus Goldpapier gestaltet hat. Und außerdem die neongrüne Schnur, die Timmy gehäkelt hat, damit ich daran die Weihnachtskarten, die wir bekommen, über den Küchentisch aufhängen kann, drei Meter lang. Ich habe ihm dieses Projekt gegeben, als ganz kurz vor Weihnachten wieder mal ein Anruf der Schule kam „bitte sofort abholen“ – solche Anrufe kommen natürlich nur, wenn man sie absolut nicht brauchen kann, aber als Mehrfach-Mama kann ich sowieso nichts brauchen, also los. Dass irgendwas nach Plan funktioniert, ist nicht. Timmy hatte sich beim Intensiv-Kick-Box-Training mit Bruder und einem Freund versehentlich dermaßen die Fresse polieren lassen, dass er Blut spuckte und seine Backe sehr unnatürlich aussah. Es ging wohl um die Demonstration eines besonders tollen Schlags, was ja gelungen ist. Die Beteiligten waren alle extrem zerknirscht. Gegen die erlittene Pein half nur das Anfertigen einer grünen Häkelschnur, die hiermit in unseren Weihnachtfundus wandert. Also, falls ich sie nächstes Jahr wiederfinde. Aber alle Dinge tauchen im Laufe der Jahre dann doch wieder auf. Ich freu mich schon auf die Kugeln, vielleicht verschwindet ja der Häkelengel!

Freitag, 16. Dezember 2016

Alle Jahre wieder….

Nun ja, es gibt Dinge, die laufen nicht gut. Ich deute mal an, dass, falls uns noch jemand anruft, gefragt wird: Äh, habt Ihr eine Party? Straßenschlacht? Kindergeburtstag? So etwas wie alles im einem. Oder das nach wie vor unvollendete Projekt: „menschenwürdige Wohnung“ statt vollkommen chaotischer Messie-Baracke.
Aber die Weihnachtsvorbereitungen laufen wie am Schnürchen. Ich verschiebe trotz aller guten Vorsätze das anstrengende, aber obligatorische Thema „Weihnachtsfoto“ bis zum Gehtnichtmehr. Das „Weihnachtsfoto“ ist eine immense Herausforderung, nämlich ein Foto, auf dem wir ALLE (!) wie normale Menschen aussehen. Kurz zur Erklärung: Vor Jahren habe ich in einem Anfall von geistiger Umnachtung damit angefangen, dieses Foto zu Weihnachten an die Freunde und Familie zu verschicken und jetzt kommen wir aus der Nummer einfach nicht mehr raus. Das heißt, wir mimen nunmehr eine uns völlig unbekannte freundliche kinderreiche Familie, nicht die sich ständig streitenden Vollidioten, die wir eigentlich sind. Daher sage ich meinem Mann: „Wir müssen es heute machen.“ Der Zeitpunkt ist ungünstig, er hat sein sonntägliches Mittagsschläfchen wegen exaltiertem Lärm nicht halten können, aber es hilft jetzt einfach nichts mehr. Mein Mann weiß, was ein Mann tun muss. „Ich will das aber nicht“, mault er pro forma, während er schon die Kamera herausholt und gottergeben das Stativ aufstellt.
Die Kinder bereiten sich eifrig vor. Felicitas „kämmt“ ihre Haare, zieht blaue Badelatschen an, und frisiert sich mit Timmys Hilfe. Timmys Bekleidung: alte zerbeulte Jogginghose, gelbes Uralthemd mit Löchern – das macht aber nichts, auch das wird man nicht genau erkennen. Marios Haare verströmen einen seltsamen Geruch, der glücklicherweise (noch?) nicht auf einem Foto abgebildet werden kann (Was ist das? Deospray Iltis?): „Du kannst so bleiben!“ Auch meine fettigen Haare wird niemand sehen, zum Haarewaschen ist keine Zeit. Wir müssen heute! Jetzt! Welcher Depp hat sich das eigentlich ausgedacht? Ich!!!
Eifrig räumt Timmy die Vielzahl von Utensilien von unserem Sofa und streitet kurz mit seinem Bruder, wer von beiden den Sofatisch zur Seite rücken darf. „Oh, da sind aber viele Sachen drunter.“ Tja, in den drei Tagen, seit ich fluchend darunter geputzt habe, kommt Einiges zusammen, gell.
Mein Mann droht routinemäßig mit Scheidung, wenn er diese ätzende Prozedur noch ein einziges Mal ertragen muss. „Noch einmal, mein Schatz“, sage ich wie jedes Jahr. Knips, knips. „Ich mag nicht mehr“, sagt der Cheffotograf entschieden. „Du musst“, antworte ich, und verwandle meine ultraböse Mamafratze, weil Timmy wieder mal grimassiert hat und Mario böse Zeichen machte, in ein zuckersüßes Lächeln. Jetzt Augen auf, der Blitz kommt! Knipsknips. „So meine Lieben, das war das letzte Foto.“ „NEIN! Wir wollen nicht so aussehen!“ (Kann ich verstehen). „Noch ein Foto! Bitte!“, greint Timmy und schaltet in Sekundenschnelle von „Tasmanischer Teufel“ auf „netter Junge von nebenan“ um. Nicht zu fassen. Nur zwölf Fotos, und das Ding ist im Kasten.
Sogar bei der Fotogestaltung am PC helfen die Kinder eifrig. Mario bremst meine Kitschwut und macht geschmackvolle Schwarz-Weiß-Installationen mit Hilfe des Bildbearbeitungsprogramms, das er noch nie zuvor gesehen hat, aber er checkt es natürlich sofort. „So, fertig“, erklärt er großzügig. „Die Rechtschreibung musst Du noch korrigieren.“ – „Ja, danke“, nickt der Rechtschreibknecht.
Ein besonderes Highlight ist das Plätzchenbacken. Mache ich überhaupt nicht gerne. Muss ich auch nicht mehr. Ich muss nur einen einfachen Teig zusammenkneten und in die Menge schmeißen. Sofort wird eifrig gerollt, ausgestochen und anschließend kunstvoll dekoriert. Ich fasse es nicht! Sind zwar nach 24 Stunden weg, das macht aber nichts. Wir sind die Plätzchenback-Elfen-Familie! Endlich habe ich unsere Nische gefunden!
Ebenfalls perfekte Routine: Adventskalender-Handling. Kaufe ich einen supertollen Playmobil-Kalender, Barbie, Dingenskirchen? Nein, natürlich nicht! Das Schönste für alle ist der traditionelle Schokokalender. Der Riesenvorteil: Hier werden garantiert keine Teile herumgeschmissen! Herrlich. Letztes Jahr hatten wir gewissen Diskussionsbedarf, was das Thema „wie viele Türchen am Tag“ betraf (z.B. alle?). Diesmal wird das Thema zackig-diszipliniert angegangen. Hätte nicht gedacht, dass ich das Wort „diszipliniert“ einmal in Zusammenhang mit meinen Kindern gebrauchen werde. Aber nachdem den ganzen November der Spannungsbogen aufgebaut wurde „Hat die Alte das Desaster vom letzten Jahre verkraftet und kauft uns einen Kalender?“, geschah das Wunder.
Etwas schwieriger ist das Thema „geschmackvolle Weihnachtsdekoration“. Einfach ein paar Elche in die Baracke werfen? Den vierten Advent können wir nicht begehen, da die vierte Kerze verschwunden ist. Die Engel aus dem Erzgebirge haben zum Glück nur unauffällige Eigenheiten (keine Köpfe mehr). Zur Sicherheit mache ich mal ein Foto vom Kinderzimmer, das ich an den Weihnachtsmann schicken werde. AUFSCHREI DER EMPÖRUNG! NEIN!!! Oh doch. Wir sehen hier geschmackvolles Papier-auf-Wasser-Glibber, liebevoll arrangiert mit fantastisch naturalistischen Vintage-Äpfeln an Papierschnipsel-Kleber-Brei und angefaulten Klamottenhaufen. Verschiedentlich finden wir fossil anmutende Früchte (ich hoffe doch, dass es mal Früchte und keine Tiere waren). Herrlich. Und sogar unseren künstlichen Baum fand ich in der Archäologie unseres Kellers wieder. Da sag ich doch nur: Weihnachten kann kommen!
PS. Am 24. Dezember fällt das zweiwöchige Fernsehverbot. Wir sahen uns schon mal das Programm an, damit wir uns einen netten Weihnachts-Familienfilm anschauen können. Vorschlag Timmy: Godzilla.


Donnerstag, 3. November 2016

Herbstferien

Ich will einen Plan umsetzen, den ich schon sehr lange habe: Wir besuchen das Germanische Nationalmuseum im Nürnberg. Ich rufe eine Freundin mit zwei Kindern an, die überraschend erpicht darauf ist, uns zu begleiten. Ja gerne! Museumsbesuche klappen bei uns eigentlich immer gut, wenn man bedenkt, dass ansonsten das Projekt „Fünf Minuten ohne Geschwisterstreit“ für uns eine ernste, nicht zu überwindende Klippe darstellt. Das Mädel meiner Freundin ist die Älteste, dann kommt Mario, dann der Sohn meiner Freundin, äh, ja, Timmy mussten wir wegen exzessiven Verhaltens in letzter Zeit mal lieber zu Hause lassen, und dann Felicitas. Anfangs sind die Kinder ein wenig schüchtern, denn die lieben Kleinen hatten wir bei unseren letzten Begegnungen nicht mitgenommen, aber dann, als wir auf dem Weg zum Museum sind, sehe ich es schon: das gefährliche Funkeln in den Augen unserer beider Söhne. Da haben sich zwei gefunden, die sich am liebsten gemeinsam irgendwo im Dreck wälzen/damit beschmeißen oder irgendetwas Furchtbares anstellen würden, aber sicher nicht artig Museumsobjekte anschauen wollen. Ich tue optimistisch und mutig schreiten wir voran.

Die Sonderausstellung über historische Modelle (wie ein spektakuläres Schiff aus Silber), die wir uns ausgesucht hatten, ist für uns nichts, da man sich die Objekte mühsam im ganzen Museum zusammensuchen muss, was mit vier Kindern im Schlepptau etwas schwierig/unmöglich ist. Wir sehen uns einfach ein paar Teile davon an, auf die wir gleich treffen, und lassen einfach den Rest, der noch so herumsteht, auf uns zukommen. Dürer und Konsorten, gibt ja genug. Das ist doch für meinen kunstbeflissenen Sohn einfach prima. Er hatte sich im Netz schon einige Gemälde, die er sehr naturalistisch fand, angesehen. Also, das erste Objekt, das wieder Interesse findet, ist ein ca. 20 Zentimeter kleines Modell einer Schwangeren mit Baby darin. Mario findet sofort den Knackpunkt. Wer ist da gestorben? Die war doch tot, oder? Das ist doch nur ein ganz kleines Modell. Nein, die war tot! De facto muss ja mal jemand tot gewesen sein, um zu wissen, wie das aussieht, beharrt er – was nicht von der Hand zu weisen ist … Meine Freundin schlägt begeistert in die gleiche Kerbe. „Ja, das stimmt! Die Mediziner haben sich das immer genau angesehen. Sogar heute noch kann man seinen Körper der Anatomie vermachen, damit die Ärzte dann alles aufschnippeln und untersuchen können.“ „OH MEIN GOTT!“

Mein Sohn, begeisterter Comicleser, ist ein Meister darin, die Botschaft von Bildern zu entschüsseln, und findet innerhalb von fünf Minuten noch Folgendes: eine heillose Massenschlägerei (meine pädagogisch wertvolle Interpretation: Damals hatten sie noch keinen Fernseher, also musste man einmal im Jahr mal etwas richtig Cooles veranstalten). Eine ganze Armada von Heiligen, denen man die Köpfe abgeschnitten hat; einen weiteren Heiligen, dem man das Auge aufbohrt – Mama, was macht der Mann da? Verdammt noch mal! Schaut ja echt schlimm aus. Kann hier nicht endlich jemand mal irgendwelche Blümchen, Engelchen oder Porträts anschauen!? Wir gehen jetzt sofort in die Spielzeugabteilung!

Die liegt ganz versteckt in einem Nebengebäude und wir sind wohl deshalb auch allein dort. Aber auch das ist nicht das Wahre – keine Tablets, keine Computer. Naja, wir entdecken aber eine wirklich schöne historische Schachtel mit der Aufschrift „Für brave Kinder“, in die ein Tablet sehr gut hineinpassen würde (haha, die kann man bestimmt nachbauen!). Die Jungs flitzen durch, kommen nach zwei Minuten wieder und fragen, ob wir jetzt gehen. Auch Felicitas findet die bücherregalgroßen, aber komplett rosa-losen Puppenhäuser, in denen keine Barbie sitzt, nicht so prickelnd. Wir Erwachsenen bestaunen papierne Theaterkulissen. Meist von Erwachsenen bedient, die Kinder durften aber die Rollen auswendig lernen. Geil, gell! Was für ein Freizeit-Vergnügen! Werde ich mir gleich für die Weihnachtsferien vormerken. Die einzige Attraktion, die alle flasht, sind die Toiletten.

Ok, das war’s dann. Wir gehen – schnell, denn irgendwie geht es nicht in meinen Kopf, dass die Jungs außer ein bisschen Gemaule noch nichts Fürchterliches angestellt haben – und das soll auch so bleiben. Einen Trumph haben wir noch: Bei unseren Museumtickets war freundlicherweise ein Gutschein für jeweils ein Getränk in einem Café in der Nähe dabei. Fröhlich begeben wir uns durch das Treiben in der Fußgängerzone dorthin. Echt nett dort. Der einzige freie Platz befindet sich neben einem Tisch mit einem älteren Ehepaar. Da bin ich mittlerweile ein wenig misstrauisch, wie die auf so eine Kinderschar reagieren, aber es hilft ja nichts. Außerdem bin ich diesmal vollkommen auf dem falschen Dampfer, denn diese Menschen lächeln uns ganz freundlich zu („noch“ raunt mir mein Pessimismus zu).

Nein, sie sitzen nur artig da und lächeln, und sie schenken uns obendrein sogar noch zwei Gutscheine – anscheinend waren sie ebenfalls im Museum gewesen. Wie teilen wir die jetzt auf? Wie wäre es mit zweimal Champagner für die Damen? „Zwei Geschwister teilen sich ein Getränk“, ruft meine Freundin fröhlich. Ok, auch eine Idee. Da ich kein Geschwister dabei habe und sie auch nicht, heißt das wohl, dass wir den Blagen die Gutscheine überlassen.

Tja, was soll ich sagen, das war eine gute Idee, denn die größeren Kinder laufen eifrig los und holen sich ihre süße Plörre, während es meiner Freundin schwant, was sie angestellt hat. „Das dauert keine fünf Sekunden, und dann fangen sie an zu streiten, wie IMMER!“

Haha, bei uns läuft das so: Felicitas überlässt Mario ihre Limo, weil sie schon genug hat. Ich schaue gespannt auf die beiden anderen und auf die Uhr: nur eine Sekunde, dann geht es los.

Freundin-Tochter: „Mann, der trinkt immer so viel.“

Freundin-Sohn: “Stimmt überhaupt nicht, Du!“ Er zieht wie ein Verrückter an seinem Strohhalm.

„Machst Du doch! Hör endlich auf zu trinken, jetzt bin ich dran!“
„Nein!“ (Saugsaugsaug)

„Maaaamaaa, er hört nicht auf zu trinken!“
„Hör jetzt auf zu trinken, lass sie auch mal.“

„Saugsaugsaug.“

(Kreisch)

„Komm, lass sie endlich.“ (Resoluter Griff an die Limoflasche).

Tochter: „Saugsaugsaug!“

„Hey, die trinkt alles aus!“

„Stimmt ja gar nicht, Du hast viel mehr getrunken!“

Usw.

Ich genieße den sich entspinnenden Geschwisterstreit, für den ich nicht zuständig bin, muss allerdings einen eher unspezifischen Nervenzusammenbruch mit lautem Geheule von Felicitas ertragen (der sich ganz gewiss nicht als Spätfolge in frühem Schlafverhalten äußern wird). Zeit zum Aufbruch, meine Lieben.

Die Jungs haben sich aus drei dicken schwarzen Strohhalmen jeweils einen ca. 1 Meter langen Monster-Strohhalm gebastelt, von dem sie ums Verrecken nicht ablassen wollen, was in der vollen U-Bahn einen gewissen hypnotischen Effekt auf uns hat. Ich kann nicht aufhören, auf diese Strohhalme zu starren, weil dieser in meinem Kopfkino demnächst im Nasenloch oder Auge eines anderen Fahrgasts verschwinden wird, bin aber zu willensschwach, um die Halme mit bösem Mama-Geblaffe einzukassieren, da ja bislang noch nichts dergleichen passiert ist. Ja, und es passiert auch tatsächlich nichts. Wahrscheinlich weil wir Mamas diese jetzt per telepathischer Fernbedienung lenken. Puh, geschafft! Museum ist heil, wir auch.

Nachtrag zum Thema Geschwisterstreit: Als wir schon längst ohne unsere lieben Freunde im Bus in die Pampa sitzen, fällt Felicitas auf, dass sie geneppt wurde. „Ich will aber auch so eine Limo.“ Wer zu spät kommt … dem kauft Mama noch eine gelbe Brause im Supermarkt.